Mein Bord PC
April 2016
Welchen Bord-PC kannst du mir empfehlen? Diese Frage wird mir schon seit einigen Jahren mit zunehmender Häufigkeit gestellt. Eine Antwort darauf ist schwierig, da sie doch sehr von den Gewohnheiten und Ansprüchen des Nutzers abhängt. Es kommt eben darauf an, was man damit machen will. Die Lösungen, die man auf Booten sieht, sind dementsprechend vielfältig. Vom fest eingebauten Mini-Tower bis zu Tablets ist nach meinen Beobachtungen die ganze Bandbreite vertreten. Ja, sogar Puristen, die die ganze Elektronik als Teufelszeug betrachten, sind mir unterwegs schon begegnet. Eine Empfehlung kann ich von daher nicht geben, beschreibe aber gern mal, wie ich das für mich(!) sehe.
An Bord verwende ich einen 11,6" Laptop von Asus |
Einen richtigen Bord-PC habe ich im Grunde gar nicht. Neben einem normalen Büro-Tower mit großem Bildschirm, den ich ständig zu Hause nutze, habe ich seit vielen Jahren einen Laptop der 12-13“-Klasse, den ich immer dann mitnehme, wenn ich auf Reisen gehe. Ich benutze ihn unterwegs im Hotel, für Präsentationen bei gelegentlicher Referententätigkeit und eben auch als Bordrechner. Seit August 2014 ist das ein Asus F200M mit 11,6“-Display.
Als das knapp 1,3 kg schwere Gerät geliefert wurde, war es, dem Stil der Zeit entsprechend, mit Windows 8,1 ausgerüstet. Mit dem System bin ich nie richtig warm geworden. Bereits wenige Tage nachdem Windows 10 erschien, habe ich deswegen umgerüstet und es nie bereut. Nach diesen positiven Erfahrungen sind seit längerem alle PCs im erweiterten Familien- und Bekanntenkreis umgestellt. Außer ein paar Ausnahmen mit Linux (Ubuntu) gibt es bei uns nur noch Windows 10.
Warum dann dieser doch recht schwere Laptop und kein Tablet? Die Antwort ist einfach: Für meine Ansprüche brauche ich einfach eine vernünftige Tastatur um auch längere Texte ermüdungsfrei schreiben zu können. Ohne eigenen Beamer muss ich als Referent auf Seminaren mit dem klar kommen, was ich unterwegs so vorfinde. Mit der HDMI oder der guten alten VGA-Schnittstelle geht das immer. Unverzichtbar sind darüber hinaus drei richtige USB-Schnittstellen (davon eine USB3), über die ich die Bordelektronik (dazu später mehr) anschließe.
Der ebenfalls vorhandene Touchscreen hat sich bei mir nicht bewährt. Ich benutze ihn einfach nicht, weil er nicht zu meinen Gewohnheiten passt. Insofern kann ich ihn als rausgeschmissenes Geld betrachten. Keinesfalls verzichten möchte ich dagegen auf einen als Zubehör für etwa 15 € erhältlichen Adapter mit dem die Stromversorgung direkt aus dem 12 V-Bordnetz möglich ist.
Ein Benchmarktest zeigt eindrucks- voll den Geschwindigkeitszuwachs. |
(rechts die SSD) |
Als einzige Modifikation habe ich die standardmäßig vorhandene 500 GB Toshiba-HDD gegen ein 250 GB SSD von Samsung ausgetauscht. Normalerweise ist das dank des mitgelieferten Programmes zum Clonen problemlos und ich habe das bei mehreren anderen PCs schon erfolgreich durchgezogen. Leider zeigte sich der Asus in dieser Sache ziemlich zickig. Nachdem ich die Ursache, eine spezielle herstellerseitige Recover-Partition auf der Festplatte, fand, half ihm auch das nicht. Nach Löschung der störenden Partition auf der SSD bootet er jetzt einwandfrei. Der Start-Bildschirm zeigt sich schon nach wenigen Sekunden und Programme öffnen sich sofort ohne nennenswerte Verzögerungen.
Neben den standardmäßig bei Windows vorhandenen Programmen habe ich MS-Office installiert. Dies aber nur, weil ich sowieso noch eine Lizenz hatte. Für meine Hauptanwendungen Word und Powerpoint, hätte es genauso gut ein kostenloses Programm wie Open Office sein können. Aus Gewohnheit, weil ich mich damit auskenne, verwende ich außerdem den Browser Firefox, Thunderbird als Mailclient und Skype zur Internettelefonie.
Im Hafen suche ich mir normalerweise recht schnell einen WLAN-Hotspot. Wird kein Netz angeboten, was außerhalb von Marinas eher die Ausnahme als die Regel ist, ziehe ich eben mit meinem PC in die nächste Kneipe und trinke einen Kaffee. Das Passwort für das WiFi gibt es auf Nachfrage regelmäßig als Zugabe. Oft werben auch große Schilder mit „Free WiFi“ am Eingang um Kunden. Die dringendsten Informationen, wie den aktuellen Wetterbericht und Mails, hole ich gleich bei dieser Gelegenheit. Fast immer komme ich anschließend auch von Bord aus, mit meinem Alfa-Adapter in dieses Netz. Wie das geht, habe ich an anderer Stelle ausführlich beschrieben. Bleibt nur noch anzumerken, dass nach meiner Beobachtung der schon seit vielen Jahren angebotene AWUS036H mit Windows 10 nicht mehr zuverlässig arbeitet. Die neueren Varianten AWUS036NHA (Atheros AR9271) und AWUS036NHR v.2 (Realtek RTL8188RU) arbeiten dagegen sehr stabil. Um die notwendigen Treiber zu installieren, steckt man sie bei bestehender anderweitiger IN-Verbindung einfach an. Nach ein paar Minuten startet man den Rechner neu und kann sie ab sofort benutzen. Alles ist völlig problemlos.
OpenCPN: Als Beispiel ein Kartenausschnitt aus der Ägäis | Aus dem gelichen Ausschnitt der Hafen von Naxos herangezoomt |
Normalerweise benutze ich auf See einen Plotter von Raymarine mit Karten von Navionics. Falls der mal ausfallen sollte, was auch schon passiert ist, kommt der Bord-PC als Navigationshilfe zum Einsatz. Mit dem OpenCPN und CM93 Vektorkarten bin entsprechend meinen Anforderungen bestens gerüstet. OpenCPN bekommt man als freie SW kostenlos, wie ich an die CM93 gekommen bin, habe ich vergessen. Sie sind in Langfahrtseglerkreisen weit verbreitet. So wie man früher gegenseitig Karten für Fotokopien auslieh, findet man an den üblichen Treffpunkten der Szene bestimmt jemand, der weiß, wo man sie beziehen kann. Das 1,3 GB große Verzeichnis mit vielen Einzelkarten umfasst die ganze Welt. Natürlich erreichen sie nicht die Genauigkeit der Navionics-Karten, zumindest als Backup und zur Planung sind sie aber m.E. mit der nötigen Vorsicht durchaus brauchbar. Ins Watt oder andere Gewässer mit schnellen Änderungen würde ich mich damit allerdings nicht trauen. Ungeachted dessen benutzt sie ein Segelfreund sogar ausschließlich auf seiner Weltumsegelung. Redundanz für den Fall eines Ausfalles stellt er durch das Mitführen von gleich drei PCs sicher. Ich habe für diesen außergewöhnlichen Fall, dass Plotter und PC gleichzeitig ausfallen sollten, noch Papierkarten im groben Überseglermaßstab dabei. Damit und dem Hafenhandbuch würde ich auch bei völligem Stromausfall zumindest noch einen größeren Hafen anlaufen können.
An anderer Stelle habe ich beschrieben, wie ich das GPS mit AIS-RX und Plotter verbunden habe. Der verwendete AIS-Empfänger (Weatherdock easy AIS-IS) hat darüber hinaus einen USB-Ausgang auf dem alle GPS- und AIS-Datensätze ständig vorliegen. Das Kabel muss ich nur in den PC einstecken um alle Daten auch bei OpenCPN anzuzeigen. Für den Fall, dass das an Bord festverbaute GPS ausfallen sollte, habe ich darüber hinaus noch eine GPS-Maus. Auch das funktioniert problemlos, natürlich habe ich dann keine AIS-Daten mehr, aber immer noch den eigenen Standort in der Karte.
Wie an anderen Stellen (z.B hier) vielfach beschrieben, nutze ich immer dann, wenn kein Internetzugang zur Verfügung steht, Airmail um Mails über Kurzwelle mit PACTOR zu versenden. Der dafür verwendete Controller ist weit über 10 Jahre alt und verfügt noch über eine serielle Schnittstelle, die es bei modernen PCs nur noch in absoluten Ausnahmefällen gibt. Das war und ist kein Problem, weil es auf dem Markt genügend Adapter zur Umsetzung gibt. Die meistverbreiteten setzen dabei auf den Prolific–Chip PL2303. Nach meiner Erfahrung machen diese Chips immer wieder Ärger. Ständige kleine Änderungen des Herstellers führen über die Jahre regelmäßig dazu, dass es für neuere Betriebssysteme keine Treiber mehr gibt. Ich verwende deshalb für die seriell/USB-Umsetzung nur noch Adapter mit dem etwas teureren FTDI Chip. Die sind völlig problemlos. Man steckt sie an und sie laufen. Dabei wird intern eine COM-Schnittstelle simuliert, die man im Programm (hier Airmail) einstellen muss. Man muss lediglich darauf achten, immer den gleichen USB-Anschluss zu verwenden. Wählt man einen anderen, muss man auch die COM neu einstellen.