Selbststeuerung
Wer wie wir oft mit kleiner Mannschaft oder gar einhand unterwegs ist, kennt das Problem. Rudergehen auf langen Kursen in der gleichen Richtung ist nicht gerade prickelnd und es bindet einen Mann. Mit einer Selbststeuerung fällt vieles einfacher. Man kann sich auf die Manöver konzentrieren und kommt auch nach langen Strecken entspannt an.
Es gibt viele Arten von Selbststeuerungen für Segelboote. Rein mechanische, die den Kurs als Winkel zum Wind halten und elektrische in allen möglichen Leistungsklassen. Wir haben uns für eine elektrische, an das Rad adaptierbare entschieden, weil sie uns für unsere maximal einige Tage dauernden Fahrten bei eher moderaten Verhältnissen ausreichend erschien. Unter den zur Verfügung stehenden Fabrikaten erschien uns wegen der Einbauverhältnisse an der Steuersäule und der Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen bereits vorhandenen Geräten die ST 4000 W von Raymarine am besten geeignet. Deren Einbau möchte ich kurz beschreiben.
Die Steuerung besteht im Prinzip aus drei Teilen: Dem Radadapter mit Kupplung und Stellmotor, der Bedieneinheit mit eingebauter Steuerelektronik und einem elektronischen Kompass. Eine recht ordentliche Installationsanweisung mit allen notwendigen Maßen wird mitgeliefert, ließ sich aber an der Steuersäule meiner Bavaria nicht direkt umsetzen.
Um den Radadapter montieren zu können, ist es notwendig, für den Stellmotor ein Loch in die Steuersäule zu bohren und diesen teilweise versenkt einzubauen. Funktionsunabhängig kann dieser Motor an beliebiger Stelle sein. Seine Lage bestimmt aber auch die Anordnung des Kupplungshebels, der im praktischen Gebrauch gut erreichbar sein sollte. Ich habe mich nach einigen Überlegungen und Probieren für die Position des Motors und damit auch des Kupplungshebels unten links entschieden. Mit Hilfe einer Schablone, die man sich nach den Maßen aus dem Manual aus Pappe leicht selber bauen kann, ist die genaue Stelle für das Loch einfach zu finden. Mit einer Lochsäge, die dem Motor an allen Seiten noch etwa 1 mm Luft lässt, schafft man dann den endgültigen Durchbruch. Den Sicherungsbolzen gegen Verdrehen, wie er auf dem Bild am Rad oben rechts zu sehen ist, habe ich dem Original von Raymarine nachempfunden. Das würde ich heute nicht mehr machen, da die gleiche Funktion auch vom eingebauten Stellmotor übernommen wird. Damit sich der Kupplungshebel einwandfrei bewegen lässt, muss er modifiziert werden. Ich habe dazu mit einer Säge die Breite am äußeren Ende um etwa 1/3 reduziert.
Die genauen Maße sind unkritisch und man kann das leicht beim Einbau durch Anpassen direkt am Objekt machen. Nach dieser etwas aufwendigen Vorbereitung ist die Montage des Radadapters selbst in wenigen Minuten gemacht. Abschließend wird nur noch der schmale Spalt um den Stellmotor mit Sika abgedichtet.
Der Einbauort für das Bedienteil, war für mich keine Frage. Es gehört auf die Steuersäule neben das bereits schon vorhandene Tridata mit Logge und Lot. Für den Einbau liefert Raymarine eine Zeichnung mit, die man auch als Bohrschablone nutzen kann. Statt das Loch mit einer Stichsäge herauszuarbeiten, tut man sich auch hier wieder mit einer passenden Lochsäge leichter. Die genauen Maße sind unkritisch, da eine passende Dichtung zum Lieferumfang gehört.
Die genaue Stelle für den elektronischen Kompass zu finden war dagegen nicht so einfach. Nach den Vorgaben von Raymarine soll er möglichst auf der Schiffsachse und auch wegen der Bewegungen des Bootes im Seegang etwa in Schiffsmitte angebracht werden. Ein versuchsweiser Einbau zeigte schnell, dass dies auf meinem Boot nicht möglich ist. Die große Eisenmasse des Motors lenkte den Kompass zu sehr ab. Dies alleine wäre noch kein Problem gewesen, da man dies bei der Kalibration berücksichtigen kann. Bei Motorfahrt kamen aber noch drehzahlabhängig erhebliche Beeinflussungen durch das Magnetfeld der Lichtmaschine hinzu, so dass ich mich entschloss, einen anderen Platz zu suchen. Nicht ganz in Mitschiffslinie wurde ich an einem Schott unter der Achterkabinenkoje fündig. An diesem Platz etwa 1,5 m hinter dem Motor ließen sich keine nicht kompensierbare Beeinflussungen mehr feststellen.
Die Verdrahtung der Teile untereinander ist kein Kunststück mehr. Alle Verbindungen laufen unter dem Bedienteil in der Steuersäule zusammen. Alle Drähte sind farbig gekennzeichnet und müssen nur auf die entsprechenden Anschlüsse gesteckt werden. Ich habe außerdem alle Leitungen noch passend gekürzt und neue Kabelschuhe aufgepresst. Zusätzlich habe ich das Gerät auch den Seatalk-Bus mit dem Tridata und über den NMEA-Eingang mit dem GPS verbunden. Die Kabel dafür kann man leicht selbst konfektionieren. Durch diese Maßnahme kann ich jetzt auch im Cockpit Werte wie Entfernung zum Wegpunk (DTW), Kurs über Grund (COG) und vieles mehr ablesen. Alles hat auf Anhieb funktioniert.
Weil sich bei ersten Probefahrten herausstellte, dass das Boot leichte Schlangenlinien fuhr, die auch durch Verändern der Rudermenge nicht in den Griff zu bekommen waren, entschloss ich mich den als Option lieferbaren Ruderlagegeber nachzurüsten. Der Einbau war in der engen Achterpik auf dem Rücken liegend eine Sache für sich aber letztendlich ein voller Erfolg. Jetzt läuft unsere MERGER auch unter automatischer Steuerung wie auf Schienen. Die Art des Einbaus selbst, lässt sich am einfachsten durch das Foto erklären. Eine kleine am Rad der Seilsteuerung angebrachte Aluschiene ermöglicht einen mittigen Adaptierpunkt für den Lagegeber. Um schwierige Fummeleien mit Muttern zu vermeiden, habe ich in die notwendigen Befestigungslöcher passende Gewinde geschnitten. Der Ruderlagegeber selbst ist auf einem kleinen Brettchen montiert, welches seinerseits mit einem Aluwinkel an die Schottwand geschraubt wurde.
Inzwischen haben wir mit dieser Anlage einige Jahre Erfahrung. Zusammenfassend können wir sagen, dass unsere Erwartungen voll erfüllt werden. Rolando wie wir den „Mann“ am Helm nennen, kommt regelmäßig und oft zum Einsatz. Er hält den Kurs beim Segelsetzen und auf langen Schlägen sowieso. Der Stromverbrauch fällt nicht ernsthaft ins Gewicht. Allerdings achten wir auch darauf, das Boot immer gut getrimmt zu fahren. Durch die Kennzeichnung der Mittelstellung am Rad kann man recht gut erkennen, dass dann nur kleine und weniger häufige Kurskorrekturen notwendig sind. Schwierige Verhältnisse, wie Gegenan bei Bft 7 und mehr würde ich der Steuerung allerdings nicht zumuten wollen, dazu ist sie m.E. dann doch zu leicht gebaut. In solchen, bei uns eher seltenen Situationen, übernehme ich dann selbst das Ruder.